Wissenswertes Detail

Den Wald vor lauter Bäumen sehen

Rotbuche ringt mit Dürrejahren

Die Rotbuche (Fagus sylvatica) gilt als zukunftsträchtige Baumart im klimastabilen Mischwald. Doch ausgeprägte Hitze- und Dürreperioden während der Vegetationszeit wie in den Jahren 2018 bis 2020 hinterlassen auch in Buchenbeständen ihre Spuren. Dass die Baumart allerdings in den vergangenen Jahrtausendenden aufgrund ihres hohen genetischen Anpassungspotenzials überlebte, lässt die Wissenschaft hoffen.

Sie ist wuchsfreudig, konkurrenzstark und schattentolerant - die Rotbuche, deren Name auf ihr im Alter rötlich eingefärbtes Kernholz zurückgeht. Markenzeichen der seit der letzten Kaltzeit vor 6000 Jahren in ganz Mitteleuropa heimischen Baumart sind ihr gerader, glatter Stamm mit silbriggrauer Rinde, ihre dichte, grüne Krone und die langen, rötlich-braunen Knospen an den Zweigen. Erst nach 20 bis 40 Jahren bringt die einhäusige Baumart im Frühjahr weibliche und männliche Blütenstände hervor; bis zum Herbst entwickeln sich die Bucheckern.

Imposantes Schattenmanagement

Junge Buchen sind unter dem dichten Kronendach älterer Bäume über Jahrzehnte erstaunlich schattentolerant - und überraschend schnellwüchsig, sobald sie genug Licht erhalten, etwa wenn ein benachbarter Baum abstirbt. Ihre eindrucksvolle Schattenstrategie macht die Buche zur starken Konkurrentin für andere Baumarten. 
Die Dr. Silvius Wodarz-Stiftung, die die Rotbuche nach 1990 auch für das Jahr 2022 zum Baum des Jahres ausrief, beschreibt auf ihrer Internetseite den gestaffelten, fünf bis sechs Wochen andauernden Blattaustrieb der Buchen „Er beginnt bei den keimenden Buchen am Boden, gefolgt von den jüngeren Buchen im Unterholz, dann werden die unteren Kronenzweige grün und schließlich auch das Kronendach“, heißt es dort. „So bekommen alle vom späteren Schatten der Krone betroffenen Triebe immerhin wenige Wochen ausreichend Licht, um fertig auszutreiben.“

Wasserwerk und Blitzableiter

Die Buche wächst an fast allen Waldstandorten – außer auf sumpfigen, morastigen oder aber sehr trockenen Böden. Ihre glatte Rinde und die steil aufragenden Äste leiten Niederschlagswasser von der Krone über den Stamm direkt in den Boden ab. Dieser - verglichen mit Nadelbäumen oder raurindigen Eichen – sehr hohe Stammabfluss ist besonders effektiv an der winterkahlen Buche und trug ihr den Beinamen „Wasserwerk des Waldes“ ein. Bei Gewitterregen fungiert der Wasserfilm auf Ästen und Stamm im Fall des Falles übrigens als Blitzableiter: Nassen Buchen bleibt so das Aufreißen ihres Stammes erspart, während die Hitze eines unter grobporiger Eichenrinde über die Wasserleitungsbahnen abgeleiteten Blitzes den Stamm explosionsartig aufplatzen lässt. Von Blitzeinschlägen bleiben jedoch beide Baumarten nicht verschont. Ganz gleich also, ob Eichen oder Buchen – bei Gewitter keinesfalls Zuflucht unter hohen Bäumen suchen!
Die Buche ist mit einem Anteil von 16 Prozent die häufigste Laubbaumart in Deutschland. Unter optimalen Bedingungen kann sie etwa 350 Jahre alt werden, eine Höhe von bis zu 45 Metern und einen Stammdurchmesser von 1,50 Metern erreichen. Ihr hartes, wenig elastisches Holz kommt in der Bau-, Möbel-, Parkett- und Papierindustrie zum Einsatz.

Zurück in die Zukunft

Seit den Dürresommern 2018 bis 2020 sind zunehmend auch bei der Rotbuche verkahlende Kronen, Schädlingsbefall und Symptome komplexer Erkrankungen zu beobachten, die Buchengemeinschaften den Garaus machen könnten. Die Reduktion der Blattdichte in der Krone sehen Wissenschaftler als Reaktion der Buche auf lange anhaltende Trockenheit: Weniger Blätter bedeuten weniger Wasserverdunstung. Das Absterben eigentlich hitzetoleranter Buchenexemplare in den heißen Sommern könnte zurückzuführen sein auf ungünstige Standortbedingungen: Stark besonnte Hänge mit wenig speicherfähigen Böden sind ungeeignet für die (mit Ausnahme der tiefergehenden Herzwurzel) flach und verzweigt wurzelnde Baumart. Für kurz aufeinanderfolgende, schwächende Mastjahre - also Jahre mit übermäßiger Fruchtbildung - könnten neben dem Temperaturanstieg erhöhte Stickstoffeinträge in den Boden verantwortlich sein. Dennoch gibt es durchaus auch optimistische Expertenstimmen: Auf vielen der heutigen Fichten-Standorte war bis zu Beginn der Aufforstungen Anfang des 18. Jahrhunderts die Buche heimisch. Sie könnte sich mit dem massiven Fichtensterben ihr angestammtes Areal zurückerobern. Zudem stellte die Rotbuche in den zurückliegenden Jahrtausenden mit ihrem Überleben in wechselnden Warm- und Kaltzeiten in Mitteleuropa und mit ihrem anhaltenden Vormarsch gen Norden ihre hohe genetische Anpassungsfähigkeit unter Beweis…

Rotbuche im Waldklimafonds

Die Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) fördern bereits seit 2013 zahlreiche praxisnahe Forschungsprojekte zur „Anpassung der Wälder an den Klimawandel“ über ihren gemeinschaftlichen Waldklimafonds. Seitdem widmen sich fast 40 Vorhaben gänzlich oder aber zum Teil der Rotbuche. Exemplarisch seien drei Verbundvorhaben hier benannt: Im dreiteiligen Projekt „NaWi“ untersucht ein Forschungsbündnis an unterschiedlich intensiv genutzten Standorten die Anpassungsstrategien älterer Buchenwälder an Klimaveränderungen – unter anderem anhand bodenchemischer und pflanzenphysiologischer Parameter. Hauptziel des Verbundvorhabens GenVarBuche ist die Identifizierung genetischer Variationen für die Anpassung der Buche an unterschiedliche Umweltbedingungen. Die Forschungsergebnisse liefern die Grundlagen zur Züchtung anpassungsfähiger, ertragreicher Buchen und die Erhaltung der Buchenwälder unter wechselnden klimatischen Bedingungen. Im Projekt BENEATH wird die CO2-Speicher- und Senkenfunktion der Böden unter Buchenwäldern bei klimabedingten Veränderungen im Bodenwasserhaushalt erforscht. Die Wuchsleistung der Rotbuchen wird quantifiziert, der Beitrag von Totholz für stabilen Kohlenstoff im Boden in Abhängigkeit vom Bodenwasserhaushalt untersucht und mögliche Auswirkungen auf die Fixierung von CO2 in der ober-und unterirdischen Biomasse der Bäume werden aufzeigt. Am Ende soll die Frage geklärt werden, ob und wie eine naturnahe Bewirtschaftung im Wald oder ein völliger Nutzungsverzicht mit vermehrtem Totholzanfall sich auf den Wasserhaushalt und die Kohlenstoff-Speicherung in Böden von Buchenwäldern auswirken.

Zugehörige Dateien:

  • Verbundvorhaben: Anpassungsstrategien von Buchenwäldern bei unterschiedlicher Bewirtschaftungsintensität (NaWi)
    Teilvorhaben 1: Einfluss der Bewirtschaftungsintensität auf die Bestandsentwicklung, die Nährstoffverfügbarkeit, die Boden-Kohlenstoffspeicherung sowie Bodentreibhausgasemissionen; Georg-August-Universität Göttingen - Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie - Büsgen Institut - Ökopedologie der Gemäßigten Zonen
    Teilvorhaben 2: Einfluss der Bewirtschaftungsintensität auf die Versorgung mit Wasser, N und P sowie chemische Verteidigung mittels Phenolen/Tanninen; Universität Konstanz - Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion - Fachbereich Biologie
    Teilvorhaben 3: Einfluss der Bewirtschaftungsintensität auf die Kapazität zur Kompensation von Stress durch Umweltveränderungen in Buchen; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften - Institut für Forstbotanik und Baumphysiologie - Professur für Baumphysiologie
  • Verbundvorhaben: Genetische Basis der Anpassung und Erhaltung anpassungsrelevanter Variation bei der Rotbuche - Fagus sylvatica L. (GenVarBuche)
    Teilvorhaben 1: Erfassung genomweiter genetischer Variation und ihre Assoziation mit Umweltvariablen und phänotypischen Merkmalen; Georg-August-Universität Göttingen - Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie - Büsgen-Institut - Abt. für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung
    Teilvorhaben 2: Differenzierung von Buchenherkünften an anpassungsrelevanten phänotypischen Merkmalen; Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt - Abt. C-Waldgenressourcen
  • Kohlenstoffspeicherung im Boden naturnaher Buchenwälder – Wasserhaushalt und Totholz als entscheidende Steuerfaktoren in einem sich verändernden Klima (BENEATH)
    Technische Universität Dresden - Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften - Fachrichtung Forstwissenschaften - Institut für Bodenkunde und Standortslehre


Weiterführende Information:

Pressemitteilungen:

Website der „Baum des Jahres – Dr. Sylvius Wodarz-Stiftung“: https://baum-des-jahres.de

 

Pressekontakt:

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe

Tel.: +49 3843 6930-311
Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Die Buche (Fagus sylvatica) ist der Baum des Jahres 2022. Foto: Hans-Jürgen-Arndt
Die Buche (Fagus sylvatica) ist der Baum des Jahres 2022. Foto: Hans-Jürgen-Arndt
Buchen bringen im Frühjahr männliche und weibliche Blütenstände hervor, aus denen sich bis zum Herbst die Bucheckern entwickeln. Foto: Hans-Jürgen-Arndt
Buchen bringen im Frühjahr männliche und weibliche Blütenstände hervor, aus denen sich bis zum Herbst die Bucheckern entwickeln. Foto: Hans-Jürgen-Arndt
Rotbuchenwald im Müritz-Nationalpark  Quelle: Siria Wildermann
Rotbuchenwald im Müritz-Nationalpark Quelle: Siria Wildermann
Blick in die Kronen von Rotbuchen  Quelle: Siria Wildermann
Blick in die Kronen von Rotbuchen Quelle: Siria Wildermann
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